worte wie wandernde rosen

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Gedichte am Meuselwitzer Gedenkstein

Seit mehr als 25 Jahren begeht man in Deutschland am ersten Juni-Wochenende den "Dichterrosentag": Menschen legen an Dichtergräbern und -gedenkstätten Rosen nieder. Die Wolfgang-Hilbig-Gesellschaft ehrt den Meuselwitzer Dichter am 5. Juni 2022 in seiner Heimatstadt "M.", wo er fast 40 Jahre lebte, arbeitete und "vom traum der dichtkunst" schrieb. In ungezwungener Runde, offen für alle, werden Gedichte gelesen (oder gehört) und zum Abschluss Pfingstrosen - Hilbigs Lieblingsblumen - für ihn am Gedenkstein niedergelegt.

Wenn Sie ein Gedicht mitbringen, das Sie mögen - ganz gleich, ob von Wolfgang Hilbig oder einem anderen Schriftsteller -, wird ein poetisch vielstimmiges Zusammentreffen aus dieser Ehrung.

vom traum der dichtkunst

morgen werden aufstehn morgens und abends
worte wie wandernde rosen trauriges fußvolk
vergangne die gehn müssen
mit schwarzem gesumm morgen

immer wird nacht sein schwere
last der zartheit das los der lüge
ein schweigen bin ich das schrankenlos sagt
was mich wegtreibt von worten

ich tonlose dunkle melodie hört mich
ich mord mich mit metaphern wer mich hört
sich aufreißend das ohr ohne mich
zu schlagen ist schuld

ich träum von mir täglich ich trott
vergessne pfade schwül und schweigsam
verhedder mich in hecken wilde rosen
zu schmecken hellweiß und schrei schrei
schrei schrei

tretet mir auf den mund tretet
mir doch auf den mund ...

Veranstaltung Wolfgang-Hilbig-Gesellschaft e. V., Sektion Meuselwitz

Wolfgang Hilbig im Orginalton mit seinem Text "Der Leser" am 22. Juli 2002 im Hörspielstudio 2 im Berliner Funkhaus Nalepastraße, wo im Auftrag von MDR KULTUR die Aufnahmen für das Hörbuch "Der Geruch der Bücher" in der Redaktion und Regie von Matthias Thalheim stattfanden. Dieses Gedicht gelangte damals nicht in die zeitlich limitierte Auswahl der CD. – Matthias Thalheim macht es hier erstmals der Öffentlichkeit zugänglich.
Wolfgang Hilbig liest: Der Leser
Auch die Aufnahme des Gedichtes "geste" – eingesprochen von Wolfgang Hilbig 2002 im Berliner Funkhaus Nalepastraße und bislang unveröffentlicht – wird hier zum 80. Geburtstag des Dichters von Matthias Thalheim erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Wolfgang Hilbig liest: geste