Hilbig und Goethe. Weltdarstellung als Weltzugang

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Ein Vortrag von Dr. Gert Theile

Poetische Annäherungen am Beispiel von Johann Wolfgang Goethes "Faust II" und Wolfgang Hilbigs "Alte Abdeckerei":

Vor gut eineinhalb Jahrhunderten gestaltete Goethe dichterisch seine Selbst- und Welterfahrung mit der sich rasend schnell verändernden Gegenwart um 1830: Mit den klassischen literarischen Mitteln der Symbolik und Allegorie schafft er im "Faust II" poetische Zugänge zu einer Lebenswelt, die der Strudel der industriellen Revolution längst erfasst hat. Mit seinem philosophischen Verständnis und künstlerischen Vermögen begibt er sich gemeinsam mit seiner Figur Faust auf die Suche nach der Weltformel - und nach signifikantem literarischen Ausdruck dafür.

Ende des zwanzigsten Jahrhunderts bleiben dem poetischen Subjekt in einer zerstörten Natur und ihren entstellten Bewohnern die Elemente der romantischen Kunst und Literatur, um eine Zustandsbeschreibung von Ich und Welt zu wagen: Hilbig unternimmt dies in seiner Erzählung "Alte Abdeckerei", um das eigene Verschwinden inmitten einer als apokalyptisch empfundenen Umwelt eindringlich zu gestalten.

Dr. habil. Gert Theile, der die beiden literarisch geschaffenen Weltzugänge von Goethe und Hilbig an diesem Abend beschreibt, ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Editionen der Klassik Stiftung Weimar. Neben Monografien zum Goethe-Jugendfreund Friedrich Leopold Stolberg (1994) und dem italienreisenden Goethe-Bekannten Wilhelm Heinse (2011) veröffentlichte Gert Theile auch Belletristisches, so den Roman "Goethegeburtstag" (2006) und die Erzählung "Roßbach" (2020).

Veranstaltung der Goethe-Gesellschaft Altenburg

Wolfgang Hilbig im Orginalton mit seinem Text "Der Leser" am 22. Juli 2002 im Hörspielstudio 2 im Berliner Funkhaus Nalepastraße, wo im Auftrag von MDR KULTUR die Aufnahmen für das Hörbuch "Der Geruch der Bücher" in der Redaktion und Regie von Matthias Thalheim stattfanden. Dieses Gedicht gelangte damals nicht in die zeitlich limitierte Auswahl der CD. – Matthias Thalheim macht es hier erstmals der Öffentlichkeit zugänglich.
Wolfgang Hilbig liest: Der Leser
Auch die Aufnahme des Gedichtes "geste" – eingesprochen von Wolfgang Hilbig 2002 im Berliner Funkhaus Nalepastraße und bislang unveröffentlicht – wird hier zum 80. Geburtstag des Dichters von Matthias Thalheim erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Wolfgang Hilbig liest: geste